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'Ich aber muss abnehmen!' Gedanken zur Fastenzeit

'Ich aber muss abnehmen!' Gedanken zur Fastenzeit

Krippe St. Clemens (c) Pastor Schlößer
Krippe St. Clemens
Datum:
Mi. 17. Feb. 2021
Von:
Pastor

Aschermittwoch 2021

‚Ich aber muss abnehmen‘. (Joh 3,30)

Die Corona-Krise macht viele Menschen dick! Viele nehmen an Gewicht zu. Grund ist eine Kombination aus Bewegungsmangel und Änderung der Essgewohnheiten – so resümiert ein ‚Ernährungsexperte‘.

Johannes der Täufer kommt bei seiner ersten Begegnung mit Jesus zu der Erkenntnis: ‚Ich aber muss abnehmen‘. (Joh 3,30)

Diese Selbsterkenntnis gewinnt er nicht durch einen Blick in den Spiegel oder indem er auf die Waage steigt – sondern in der Begegnung mit Jesus Christus.

In dieser Johannes-Erkenntnis lässt sich der Sinn der jährlichen Fastenzeit zutreffend zusammenfassen: ‚Ich aber muss abnehmen‘.

Die Fastenzeit dient dazu, Gewicht zur verlieren – aber nicht vorrangig Körpergewicht, sondern Eigengewicht. Der Mensch kann im Laufe seines Lebens ein Zuviel an ‚Eigengewicht‘ bekommen. Im Wort ‚Gewicht‘ steckt auch die ‚Wichtigkeit‘ drin und dann heißt zuviel Eigengewicht: ich nehme mich viel zu wichtig!

Mit dem Aschermittwoch beginnt die 40-tägige Zeit der Askese, die ihren Sinn darin hat Eigengewicht zu verlieren, d.h. die Übergewichtung seines Ego und seines 'Selbst-Bewußtseins' zu reduzieren.

Eigengewicht verlieren heißt, sich selbst nicht so übermäßig wichtig zu nehmen.

Eigengewicht verlieren heißt aber auch, die ‚Ge-wichtung’ und die Wichtigkeit bzw. Unwichtigkeit der Dinge wieder neu zu entdecken. Es geht also darum, die Waage des Lebens neu zu tarieren. Was ist wirklich wichtig in meinem Leben – und was macht mein Denken und Handeln nur unnötig schwerfällig? Was belastet mein Leben – und was schenkt mir Leichtigkeit und Freiheit?

Um das zu erkennen, muss der Mensch Abstand gewinnen von sich selbst – um so sich selbst und sein Leben in den Blick zu nehmen und kritisch zu beurteilen. Fastenzeit ist nicht vor allem eine Zeit der ‚Waage‘, sondern der 'Abwägung'. Es gilt das tägliche Leben mit allen seinen Handlungen und Entscheidungen zu betrachten – und dann abzuwiegen und abzuwägen. Und wenn wir ehrlich sind, dann ist nur sehr wenig und sehr weniges notwendig, wichtig und unverzichtbar. Vieles dient nicht dem Leben, sondern dem eigenen Ego.

In der Fastenzeit ist deshalb 'geistige Trennkost’ angesagt – d.h. es gilt sich trennen von Unnötigem und von allem, was mein Leben nicht wirklich nährt, sondern letztlich nur Belastung und Last ist.

Beim ersten Blick auf Jesus stellt Johannes der Täufer fest: ‚Ich aber muss abnehmen‘ und er fügt hinzu: Er aber, Christus, er muss wachsen!

Das ist Fastenzeit: Christus muss wachsen – ich aber abnehmen!

Bitten wir Gott zu Beginn der Fastenzeit um seinen Beistand, damit Er an Gewicht in unserem Leben zunimmt und wir selbst möglichst viel ‚Selbstgewichtung‘ verlieren.

 

Nachsatz: Das Gesagte gilt übrigens auch für die 'Kirche' unserer Tage: Christus muss wachsen - das Institutionelle und die Selbstbespiegelung aber müssen abnehmen!

Vielleicht hält sich auch die Kirche für viel zu 'ge-wichtig' mit ihrer Sorge um gesellschaftliche Bedeutsamkeit und ihrem Ringen um 'Systemrelevanz'?!